25.09.2025 - Funktion, Bedeutung und Aufgaben des Standleiters
Wie in meinen beiden letzten Beiträgen über die Do’s & Dont’s von Standdienstmitarbeitern bei Fachmessen bereits an mehreren Stellen erwähnt, kommt bei einer Messebeteiligung eines Unternehmens dem Standleiter eine besonders wichtige Rolle zu. Er oder sie hat zentrale Aufgaben zu übernehmen, um einen möglichst reibungslosen und erfolgreichen Betrieb des Messestandes zu erreichen. Dabei beginnen die Aufgaben eines Standleiters nicht erst nach Messeeröffnung.
Vereinfacht gesagt, ist es die Funktion eines Standleiters, alle Belange beim Standbetrieb im Rahmen der Messebeteiligung eines ausstellenden Unternehmens zu controllen und alle Mängel, Pannen, Konflikte, Störungen oder den Erfolg beeinträchtigende Faktoren zu vermeiden bzw. schnellstmöglich zu beseitigen. Er oder sie ist die maßgebende Instanz für das gesamte Standpersonal und das – ganz entscheidend – ohne Ansehen einer Person oder ihrer hierarchischen Stellung im Unternehmen. Daher ist es entscheidend, nicht eine polarisierende, sondern eine bei den Mitarbeitern möglichst breit menschlich wie fachlich akzeptierte Person als Standleiter zu bestimmen. Dazu benötigt er bzw. sie auch das unbedingte Empowerment seiner Person und seiner temporären Messefunktion seitens der Geschäftsleitung, kurz die temporäre Weisungsbefugnis in der Messephase. Dabei muss er/sie dann auch die Persönlichkeit und gegebenenfalls den Mut haben, einem sonst hierarchisch über ihm/ihr stehenden Mitarbeiter auf Fehler oder Verhaltensdefizite (–> Beitrag Do’s & Dont’s) hinzuweisen und auf Verbesserung/Unterlassung zu bestehen, sei es auch ein Geschäftsführer oder Vorstand. In unseren Standdienstcoachings beobachten wir oft, dass gerade Letzteres für Standleiter besonders schwierig ist, aus falsch gemeintem Respekt und Befürchtung späterer Repressalien und negativer Folgen für die Karriere.
Doch kommen wir nun zu den konkreten Aufgaben.
1) Vor Messebeginn
In manchen Fällen kann der Standleiter bereits vor Messebeginn in die Messeplanung,
-konzeption und deren Umsetzung einbezogen werden, nach unserer Erfahrung ist das aber selten, denn dafür ist meist ein eigener Projektleiter i.d.R. in Zusammenarbeit mit externen Dienstleistern zuständig.
Meistens wird die Standleitung erst im kürzeren Vorfeld des Messebeginns bestimmt. Dann kann die erste Aufgabe bereits in der Abnahme des erstellten Messestandes bestehen (so dies nicht noch der Projektleiter vornimmt, evtl. zusammen mit dem Standleiter). Gecheckt wird dann die handwerkliche Qualität der Bauausführung und die konzeptgerechte Umsetzung der Planung. Sind z.B. die Beschriftungen, Grafiken, Bilder etc. wie vorgesehen angebracht und für den Besucher gut leserlich? Gibt es handwerkliche Mängel, die das Erscheinungsbild des Standes gegenüber dem Besucher beeinträchtigen (z.B. beschädigte Möbel, ungenau verarbeitete Wände mit unterschiedlich großen Spaltmaßen oder schiefen Stößen, Stolperfallen durch Kabel oder schlecht verlegten Teppich, etc.)? Sind die vorgesehene technische Ausstattung und die Exponate vollzählig vorhanden? Funktionieren alle AV-Medien, Computer und Exponate? Funktioniert alle andere Technik (Beleuchtung, Simulationen, Akustik etc.)? Sind alle Unterlagen, Prospektmaterial und Informationsschriften (so überhaupt noch in Papierform) sinnvoll ausgelegt bzw. im Handlager griffbereit vorhanden?
1-2 Tage vor Messebeginn hat der Standleiter eine Kick-Off-Veranstaltung für das Standpersonal durchzuführen. So ihn nicht alle kennen, hat er sich natürlich zunächst vorzustellen bzw. sollte er von einem Managementmitglied als Standleiter vorgestellt werden, mit Hinweis auf seine temporäre Weisungsbefugnis.
In der Kick-Off-Veranstaltung sind die Standdienstmitarbeiter über die Messezielsetzung, das Messemotto, die Exponate und deren Positionierung, wesentliche Features und Verkaufsargumente und geplante Aktionen am Stand (z.B. Vorträge/Bühnenpräsentationen, Shows, Interviews etc.) zu informieren. Zudem sind die Schichten und Pausenzeiten einzuteilen bzw. die Dienstpläne in Bezug auf bereits vereinbarte Termine mit Besuchern abzustimmen. Es ist über Delegationen, erwartete wichtige Kunden, Presse oder andere Multiplikatoren zu informieren. Wichtiger Punkt ist es auch, die sog. Leadsheets (standardisiertes Formular zur Erfassung/Dokumentation geschäftsrelevanter Besuchergespräche) vorzustellen, wesentliche Punkte darin zu erläutern und jeweils gesprächsnahes und sorgfältiges Ausfüllen anzumahnen.
Sollte auf dem Messestand eine Standbesucherbefragung durchgeführt werden, ist auch darüber zu informieren (warum, wer führt sie durch, was wird gefragt, wer wird gefragt) und die Standdienstmitarbeiter sind anzuhalten, die Interviewer entsprechend zu unterstützen, z.B., indem sie Besucher nach einem Gespräch direkt um Teilnahme an der Befragung bitten und sie dem Interviewer zuführen.
Zudem wäre es sinnvoll, nochmals nachdrücklich auf einen evtl. Dresscode und dessen Einhaltung hinzuweisen. Auch eine kurze Behandlung der Do’s & Dont’s ist nützlich (auch wenn das eigentlich Teil eines ausgiebigen Standdiensttrainings im Vorfeld sein sollte). Desweiteren sollte informiert werden, wo die wichtigsten Mitbewerber ihre Messestände haben und auf deren evtl. bereits im Messevorfeld (Website, Social Media, Fachpresse, persönliche Kontakte…) bekannt gewordenen Highlights.
Wir raten unseren Kunden auch dazu, genau zu organisieren, welcher Standdienstmitarbeiter (i.d.R. von Vertrieb oder Produktmanagement) welchen Mitbewerber unter die Lupe zu nehmen und anhand einer einheitlichen Checkliste zu analysieren hat. Das hat den Vorteil, dass die inhaltliche Analyse und die Analysekriterien nicht von der analysierenden Person abhängen und die Einzelergebnisse hinterher standardisiert gut zu einer Gesamtanalyse des Messeauftritts des Mitbewerbs zusammengefasst und ausgewertet werden kann. Uns wundert es immer wieder, dass die meisten Unternehmen das jedem selbst überlassen.
2. Vor Beginn eines Messetages
Der Standleiter sollte alle Standmitarbeiter immer mindestens 15 – 30 Minuten vor Messebeginn verpflichten, pünktlich am Stand zu sein, um von ihm/ihr auf die wesentlichen Punkte des Messetages eingestimmt zu werden (sog. „Morgengebet“). Dazu gehören
– Begrüßung und Check auf Vollständigkeit und adäquates Erscheinungsbild
– Evtl. Vorstellung und Einweisung neu hinzugekommener Standkollegen (insbesondere aus dem Ausland)
– Information über die zu erreichenden Messe- und Tagesziele
– Hinweis auf besondere Ereignisse/Highlights des Tages (z.B. vom Messeveranstalter, Themenforen, Mitbewerberaktionen, etc.)
– erwartete (wichtige) Besucher/Kunden/Medienvertreter
– außer am 1. Tag: bisher im Messeverlauf erreichte Leadzahlen, Aufträge oder Erfolgsmeldungen, Zielstatus
– Dank für bisheriges Engagement und Einschwören/Motivieren des Teams
– Einteilen/Organisieren Mitbewerberanalyse am 1. Tag
– sonstige organisatorische Informationen (Hotelliste, Liste Themenexperten, Transport von/zu Messegelände, Kundenveranstaltungen, Abendprogramm etc.)
– Kontrolle Zustand und Funktionstüchtigkeit Exponate und Sauberkeit des Standes ggf. Reinigung zu veranlassen
– Kontrolle Bestände, Auslage Werbemittel
– Technikcheck
3. Während des Messetags:
Auch nach Beginn einer Messe hat der Standleiter vielfältige Aufgaben:
– Möglichst immer sichtbar anwesend und erreichbar sein (ein Standleiter hat während der Messe keine Vertriebsaufgaben oder Kundentermine wahrzunehmen!)
– Koordinierung der Belegung von Besprechungskabinen und/oder -plätzen
– Controlling des Standpersonals auf Anwesenheit während der vereinbarten Dienstzeiten
– Controlling vollständiger personeller Besetzung der Exponate und der Information (so vorhanden)
– Controlling des Service- und Thekenpersonals
– ggf. personelle Kapazitätsanpassung (Reduzierung der Standdienstmitarbeiterzahl bei schwachen, Erhöhung bei besonders starkem Besucheraufkommen)
– Repräsentation des Unternehmens bei Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, bei Delegationen und Medienvertretern (Messe-/Standrundgänge), sofern das nicht die Geschäftsleitung alleine übernimmt
– Qualitative Überprüfung und Sicherung getätigter Leadaufzeichnungen
– Verhaltenscontrolling Standdienstmitarbeiter, ggf. Eingreifen/Unterstützung/Korrektur
4. Am Ende eines jeden Messetages:
Nach Schließung des Messegeländes für Besucher folgt der Abschluss des Messetages (sog. „Abendgebet“):
– Abschlussgespräch/Manöverkritik (Resonanz der Besucher, Stand insgesamt, einzelne Exponate, einzelne Aktionen, besondere Aktivitäten (Produktvorführungen, Gewinnspiele usw.) mit der ganzen Standmannschaft
– Feedback zu Mitbewerberauftritten und ggf. Anpassen der eigenen Argumentationsinhalte
– Durchsicht der Gesprächsnotizen und ggf. Versand ins Büro zur schneller Resonanzbearbeitung
– Dank für das Engagement
– evtl. nochmaliger Hinweis/Einladung auf eine Abendveranstaltung
– Sicherstellen bzw. Veranlassen tagesaktueller Text-, Bild-, oder Bewegtbild-Beiträge über den Messetag in zielgruppen-relevanten Social Media Kanälen (insb. LinkedIn, YouTube, Xing), auf der eigenen Website und von Presseinformationen (auch Medien des Messeveranstalters!).
5. Am Ende der Messe und nach der Messe
– Dank an alle Beteiligten (gerne auch zusammen mit der Geschäftsführung mit persönlicher Anrede per Brief/e-Mail), evtl. entsprechende Würdigung und Bericht über die Messe in Mitarbeiterzeitschrift/Intranet/Mitarbeiterblog
– Verfassen eines Messeabschlussberichts als
a) zusammenfassende Information für Geschäftsleitung, Gesellschafter, Beteiligte usw. und
b) ausführliche Dokumentation der Messebeteiligung (Einzelheiten werden schnell vergessen), insbesondere mit Hinweisen/konkreten Vorschlägen zur Optimierung von und Entscheidungshilfen für Nachfolgeveranstaltungen.
Da wir in diesem Beitrag auch das Thema Standbesucherbefragung erwähnt haben, werden wir uns im nächsten Beitrag diesem Thema widmen. Bis dahin, machen Sie es gut oder besser 😊