07.08.2025 - Do’s & Dont’s von Standdienstmitarbeitern, Teil 1: die Do’s

Bei jeder Messe, die wir besuchen, stellen wir zahlreiche Verhaltensdefizite bei Standdienstmitarbeitern fest. Viele davon sind menschlich verständlich und nicht schwerwiegend (wenngleich nicht förderlich), andere dagegen einfach unnötig und kontraproduktiv. Um diese – positiven wie negativen – Verhaltensaspekte geht’s im heutigen und kommenden Beitrag.

Der Standdienstmitarbeiter ist – ob er/sie will oder nicht – eine Visitenkarte des ausstellenden Unternehmens. In dieser Rolle kann er/sie eine positive wie negative Wirkung erzeugen.

Diese Wirkung hängt von mehreren Faktoren ab, im Wesentlichen aus den Kategorien:
– Aufmerksamkeit
– Äußeres Erscheinungsbild
– Mimik, Gestik
– Gruß-, Ansprech- und Gesprächsverhalten (sofern es dazu kommt)
– Rhetorikkompetenz
– Auskunftsfähigkeit und Argumentationsvermögen
– Sonstige Faktoren

Widmen wir uns in diesen Beitrag zunächst den positiven Anforderungen, den Do’s.
Hier sind die 15 wichtigsten Do’s:

1) Aufmerksamkeit
Grundsätzlich sollte kein Messebesucher einen Messestand betreten, ohne vom Standdienst bemerkt zu werden und nach etwas angemessenem Abwarten (auch um den Grad der Interessiertheit einschätzen zu können und keine Zeit mit reinen Schaubesuchern zu vergeuden) höflich kontaktiert zu werden. Dazu sollten sich die Standdienstmitarbeiter nicht direkt am Rand des Messestandes positionieren (am Ende noch mit verschränkten Armen), das wirkt als Zutrittsbarriere für Besucher. 2-3 Meter im Stand halten wir für optimal.

2) Aktiv mit Timinggefühl auf Besucher zugehen
Kein Besucher mag es, wenn er – kaum, dass er einen Fuß auf den Boden des Messestandes gesetzt hat – überfallartig sofort angesprochen wird. Das wirkt (zumindest in unserem Kulturraum) zu Hardselling-mäßig, aggressiv und erzeugt Reaktanz. Also lieber etwas warten, das Verhalten des Besuchers zurückhaltend beobachten und erst bei einem erkennbarem Interesse des Besuchers an einem Exponat/Content oder auch bei Orientierung suchendem Blick den Besucher höflich kontaktieren.

3) Freundlichkeit – Lächeln und Grüßen sind erlaubt!
Wer mit freundlicher Miene grüßt, wird in aller Regel zurück gegrüßt. Blickkontakt, Lächeln, Grüßen und offene Gestik sind die besten Türöffner, um in ein Gespräch zu kommen. Um dieses dann weiterzuführen, ist es wichtig, nach der Begrüßung eine offene Frage an den Besucher zu stellen, nicht mit einer geschlossenen Frage (Ja/Nein) zu beginnen, die wenn mit „Nein“ beantwortet, den angestrebten Besucherdialog beendet, bevor er angefangen hat.

4) Körpersprache beherrschen
Der Messetag ist für einen Standdienstmitarbeiter lang und hart, was die körperliche Belastung betrifft, aber auch die mentale. Konzentriert zu bleiben ist da nicht einfach, zeichnet aber einen guten Standdienstler aus. Dieser schafft es auch am späten Messetag noch, auf seine Körpersprache zu achten und eine gerade und offene Körperhaltung zu zeigen, ohne verschränkte Arme, ohne Hände in den Hostentaschen, ohne aufgestützte Hände/Arme, ohne sich an Wänden, Exponaten oder Stelen anzulehnen oder sich irgendwo hinzusetzen.

5) Anwesenheit
Meistens werden die Standdienstmitarbeiter über den Tag verteilt zum Standdienst eingeteilt und auch die Pausen- und Tischzeiten werden geregelt. Daran hat sich der Standdienstmitarbeiter dann bitte auch zu halten und in den für ihn/sie definierten Zeiten am Stand zu bleiben und nicht irgendwo in den Hallen herumzugehen, weshalb auch immer. Bei erforderlicher Absenz (z.B. Toilette) hat er sich aktiv beim Standverantwortlichem ab- und nach Rückkehr wieder anzumelden.

6) Disziplin
Nicht nur den vorgenannten Punkt betreffend, gilt Disziplin auch hinsichtlich der Erfüllung eines eventuell definierten Dresscodes im Rahmen der CI des ausstellenden Unternehmens. Wenn es heißt, alle haben in dunkelblauem Anzug und ungemustertem, weißem Hemd ohne Krawatte und weißen Sneakers zum Standdienst zu erscheinen, dann ist dem Folge zu leisten und es geht kein grauer, schwarzer, brauner oder hellblauer Dress oder hellblaues, rosa oder gemustertes Hemd, keine Krawatte oder Fliege, kein Poloshirt oder Pullover etc. und keine braunen oder schwarzen Lederschuhe oder andersfarbige Sneaker. Punkt. Der Standverantwortliche hat darauf zu achten und entsprechenden Kleiderwechsel anzuordnen.

Disziplin gefordert ist aber auch z.B. bei einer Gästebewirtung. Es ist ein No-Go, z.B. mit Bekannten/Freunden unter Standbesuchern stundenlang (kein Witz, wir haben das verschiedentlich gemessen, Rekord lag bei knapp 4 Stunden!) die Bewirtungszone zu belegen und Besprechungstische/-kabinen ohne geschäftliche Relevanz zu blockieren.

Auch eine – sehr wichtige – Forderung nach Disziplin: Besprechungsnotizen (meist in formaler Form sog. Leadsheets) sind erstens nur bei wirklich geschäftlich relevanten Kontakten/ernsthaft erscheinenden Interessenten sorgfältig und für andere (Nacharbeit!) gut lesbar auszufüllen und zweitens um die Visitenkarte des Gesprächspartners zu ergänzen und diese am Gesprächsformular anzuclipsen.

Und ein letzter Aspekt der Disziplin: Am Abend vor dem ersten/nächsten Messetag sollte nicht gerade z.B. beim Griechen knoblauchhaltige Kulinarik genossen oder  – mit oder ohne Kunden – unverhältnismäßig viel Alkohol konsumiert werden…

7) Taktvolle Besucherfilterung
Zeit ist kostbar und deshalb sollte ein Standdienstmitarbeiter möglichst schnell in Erfahrung bringen, mit wem er es zu tun hat: Woran ist der Besucher thematisch interessiert, was ist der geschäftliche Anlass seines Messebesuchs, welche Funktion/Position hat er in dem Unternehmen, von dem er kommt, ist er bereits Kunde des Ausstellers etc.
Dies ist aber nicht mit einer direkten Fragenbatterie im „Verhörstil“ herauszufinden, sondern im Rahmen einer angenehmen Kennenlernunterhaltung. Gutes Standdienstpersonal schafft es, binnen etwa einer Minute, die für ein evtl. weiteres Gespräch wesentlichen Aspekte zu erfahren und damit die geschäftliche Relevanz des Besuchers beurteilen zu können. Als Konsequenz wenden sie – bei fehlender Relevanz – nicht mehr Zeit für den Besucher auf, als für eine höfliche Beendigung des Gesprächs erforderlich ist, bei gegebener Relevanz intensivieren sie das Gespräch.

8) Fragen stellen und Zuhören
Neben den vorgenannten anfänglichen Filterfragen sind Fragen generell ein besonders wichtiges und geschicktes Element für Standdienstmitarbeiter beim Besucherdialog. Wer die Fragen stellt, steuert ein Gespräch, hat die aktive, treibende Position, der Gesprächspartner hat die reaktive Rolle des Antwortenden.

Genauso wichtig ist nach einer gestellten Frage das gute, interessierte Zuhören bei der Antwort (was leider viele nicht können und lieber ihren Redebedarf befriedigen; oft genug am Interesse des Besuchers vorbei, der evtl. etwas ganz anderes in Erfahrung bringen wollte)! Aufmerksames Zuhören signalisiert dem Besucher nicht nur Interesse an ihm/seinem Thema, die Antwort liefert auch die vom Standdienstmitarbeiter gewünschten Informationen und liefert zudem meist auch bereits Stoff für die nächste, weiterführende Frage.

9) Gesprächslänge begrenzen
Ich habe als Standbesucher viele Gespräche selbst geführt und mitbekommen, in denen ich bzw. der Besucher erkennbar kein ernstes Interesse an den Themen/Exponaten des Ausstellers hatte und sich der Standdienstmitarbeiter dennoch sehr lange mit ihm abgab (Bekannte/Freunde/Arbeitskollegen/Ehemalige ausgenommen). Das bindet den Mitarbeiter ohne Not, kostet Zeit und Aufmerksamkeit/Readiness für neue bzw. andere Standbesucher, die von geschäftlicher Relevanz sein könnten und – unwillig längere Zeit zu warten – evtl. dann ohne Kontakt/Gespräch den Messestand wieder verlassen und sich dafür beim Mitbewerb umsehen. Auch die bereits erwähnte, übertrieben lange Verweildauer mit Gästen/Bekannten im Bewirtungsbereich an der Theke/Bar ist Verschwendung von Aufmerksamkeit, Verfügbarkeit und Arbeitszeitausnutzung.

Selbst bei gegebener Geschäftsrelevanz eines Besuchers sollte die Gesprächsdauer nicht ausufern, sondern verhältnismäßig bleiben. Im Sinne substantieller Gespräche in ruhiger Besprechungsatmosphäre wäre es ohnehin zielführender, einen verbindlichen Gesprächsabschluss herbeizuführen und einen Folgetermin nach der Messe zu vereinbaren (auch der Besucher will ja auf der Messe möglichst viel sehen und hat nur eine begrenzte Aufenthaltsdauer bei seinem Messebesuch; durchschnittlich beträgt die Besuchsdauer deutscher Besucher nur 1,3 Tage, von ausländischen Besuchern liegt sie bei 1,6 Tagen).

10) Besucher an richtige/weitere Gesprächspartner geleiten
Bei Fragen/Interesse des Besuchers zu/an Exponaten und Themen, die über die Zuständigkeit oder Auskunftsfähigkeit eines kontaktierten Standdienstmitarbeiters hinausgehen, sollte dieser den Besucher an einen dafür zuständigen oder thematisch kompetenteren Standdienstkollegen unbedingt weiterreichen (Voraussetzung dafür sind die beiden nachfolgenden Do’s!). Dabei sollte der Besucher persönlich zu dem Kollegen geführt werden (Höflichkeit, Stil, dem Besucher eine Suche ersparen, „Standflucht“ verhindern) und dort  – so aufgrund eines vorherigen Gesprächs möglich – kurz dem Kollegen vorgestellt werden (erspart dem Besucher und dem Kollegen redundante Fragen/Auskünfte).

11)  Wissen, was wo auf dem Messestand (oder Messeständen, falls das ausstellende Unternehmen mehr als einen Stand auf der Messe hat, z.B. bei themenbezogenen Hallen) insgesamt ausgestellt wird
Meistens sind die Standdienstmitarbeiter bestimmten Themen/Exponaten/Produktbereichen zugeordnet bzw. wurden danach als Fachkraft zum Standdienst ausgewählt. Dennoch sollte jeder Standdienstmitarbeiter zumindest wissen, welche Themen das Unternehmen insgesamt auf der Messe behandelt, welche Exponate es zeigt und wo diese sich im Stand befinden. Auch eine grobe Kenntnis des Unternehmensportfolio, der Unternehmensphilosophie und der Geschäftsstrategie wäre sinnvoll, um Fragen eines Besuchers im Rahmen des Erlaubten (Vertraulichkeit, Geheimhaltung) wenigstens grob beantworten zu können.

12) Kennen der anwesenden Kollegen und Zuständigkeiten
Im Sinne des vorgenannten Do’s ist es natürlich notwendig, die anderen Standdienstmitarbeiter, ihre Zuständigkeiten und thematischen Kompetenzfelder zu kennen. Sollte das nicht möglich sein – bei sehr großen Ständen und hoher Anzahl von Kollegen evtl. noch mit Einsatz im Schichtwechsel kann das durchaus der Fall sein – dann sollte der Standdienstmitarbeiter mit dem Besucher zur fast immer vorhandenen Informationstheke bei großen Ständen gehen und ihn von einem Mitarbeiter dort weiter betreuen lassen. Das gilt auch, wenn der Besucher nach einem bestimmten Kollegen des Standdienstlers fragt, dieser den Kollegen aber gar nicht kennt oder am Stand gerade nicht ausmachen kann. Auch dann sollte der Besucher zu einem Mitarbeiter der Information geleitet werden, die dann prüft, ob der gesuchte Mitarbeiter überhaupt anwesend sein müsste, ihn dann ggfs. verständigt, zur Info zu kommen, um sich dort mit dem Besucher zu treffen (alternativ kann der Mitarbeiter der Information den Besucher auch zum betreffenden Standdienstmitarbeiter hinführen, sofern dadurch die Infotheke – auch kurzzeitig – nicht unbesetzt bleibt).

13) An Cross-Selling denken
Oft interessiert sich, nach unserer Erfahrung als Standdienst, ein Besucher nicht nur für ein Thema, sondern auch für weitere, z.B. für alle Produkte/Komponenten, die zur Lösung einer System- oder Anlagenproblematik erforderlich sind. Dabei zieht er es i.d.R. vor, alles von einem Lieferanten zu bekommen (Einfachheit, Synergien, Vermeidung von Schnittstellenproblemen oder Systembrüchen, Konditionenvorteile), was für den Aussteller eine aussichtsreiche Chance auf Zusatzgeschäft bietet. Daher sollte ein Standdienstmitarbeiter im Besucherdialog das aktiv thematisieren, den Besucher gezielt nach evtl. weiteren Bedarfen fragen und ihn dann – wie vorstehend beschrieben – evtl. an den dafür richtigen Standdienstkollegen weiterreichen, so er das nicht selbst substanziell bedienen kann.

14) Gesprächsnotizen aufzeichnen
Dieser Aspekt ist vorstehend zwar bereits angesprochen, da die inhaltliche Aufzeichnung relevanter Besuchergespräche aber mit die wichtigste Grundlage für Folgetermine und andere After-Show- und Follw-up-Maßnahmen von Vertrieb und Marketing darstellt, sei hier nochmals darauf hingewiesen.

Wir haben immer wieder erlebt, dass – insbesondere bei hohem Standbesucheraufkommen – ein Besucherkontakt den nächsten jagt, der Standdienstmitarbeiter ohne Pause -zig Gespräche hintereinander führt und dann später versucht, sie aus dem Gedächtnis heraus zu rekapitulieren und auf den Leadsheets zu protokollieren. Dass da einiges auf der Strecke bleibt, verwechselt oder vergessen wird, ist zwar menschlich und verständlich, aber natürlich nicht gut. Daher nach einem abgeschlossenen Gespräch einen neuen Interessenten nur kurz filtern, bei Relevanz für einen weiterführenden Dialog um Verständnis für ein paar Notizen zum eben geführten Gespräch und kurze Geduld bitten (vielleicht ein Getränk anbieten) und das vorherige Gespräch protokollieren. Sofern das Leadsheet/Formular vernünftig erstellt ist, sind die meisten Angaben ohnehin zum schnellen Ankreuzen und nur noch weitere wichtige Anmerkungen als Freitext einzutragen. Die meisten Besucher haben dafür Verständnis, sie selbst wollen ja mit ihrem Anliegen auch seriös und thematisch nachhaltig richtig kontaktiert werden.

15) Etikette beachten
Eigentlich Banalitäten, aber bedauerlicherweise auf jeder Messe zu beobachten:
–> Es gehört sich schon aus Respekt den Besuchern gegenüber, aber auch „als Visitenkarte seines Unternehmens“, sich ordentlich zu kleiden. Das kann auch mal eine Jeans sein, wenn das im Rahmen des Messe-Dress-Codes des Ausstellers nicht anders definiert ist, aber dann wenigstens eine saubere Jeans, ohne Flecken und nicht zerrissen und zerlumpt. Und natürlich gilt das erst recht für andere Kleidung – Hemden ohne Schmutzkragen, Schwitz- oder andere Flecken, Hosen, Anzüge/Kostüme, Krawatten ebenfalls fleckenfrei und tendenziell eher in gedeckter Farbe (außer im Dress-Code anders verlangt).
–> Geputzte, nicht verschlissene Schuhe ohne abgelaufene Absätze, saubere Sneaker
–> Saubere Hände mit geputzten Fingernägeln
–> Geputzte Zähne, kein Mundgeruch (Vorabend!).

Overdressed, zu „aufgebrezelt“ kann im Übrigen auch negativ wirken, zu hochhackige Pumps oder zu kurze Röcke oder zu tiefe Ausschnitte bei Damen fallen zwar insbesondere dem männlichen Publikum meistens auf, wirkt aber nicht unbedingt seriös.

Soweit zu den positiven Anforderungen an gute Standdienstmitarbeiter. Im nächsten Beitrag werden wir uns den negativen/kontraproduktiven Verhaltensweisen widmen, den Dont‘s.


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