04.11.2025 - Wie wirksam ist der Einsatz von Claims und Slogans/Taglines auf Messeständen
Bei jeder Messe, die wir besuchen, sehen wir unzählige Messestände, die mit sog. Claims bzw. Slogans/Taglines versehen sind. Wie in unserem letzten Beitrag angekündigt, wollen wir heute die Sinnhaftigkeit dieser Kernbotschaften beleuchten. Sinnhaftigkeit in letzter Konsequenz zu verstehen, inwieweit damit eine signifikant geschäftsrelevante Wirkung erzielt wird.
Da die 3 Begriffe oft synonym verstanden werden, soll zunächst eine Definition für ihre Abgrenzung und ein einheitliches Verständnis sorgen – zumindest bei den Lesern dieses Beitrags…
Starten wir mit dem Begriff „Claim“. Den meisten bekannt sein dürfte die Phrase „Seinen Claim abstecken“. Gemeint ist damit, wie seinerzeit bei den Goldgräbern in USA, sein Grabungsgebiet zu definieren und seinen Anspruch bei Funden zu legitimieren. Übertragen auf die Verwendung im heutigen Unternehmenskontext bedeutet es also, dass ein Unternehmen mit einem Claim sozusagen sein Tätigkeitsfeld abstecken, seinen inhaltlichen Aktionsraum umreißen will und damit seinen zentralen Anspruch an seine Markttätigkeit formuliert. Ziel ist es, sich damit im Mindset seiner aktuellen und potenziellen Kunden gegenüber Mitbewerbern mit dem Ziel der Kaufpräferenzgewinnung abzugrenzen und zu profilieren.
Damit ist ein sog. Claim nur dann ein Claim, wenn er letztlich eine kaufentscheidungsrelevante (Kundenvorteil!) strategische, d.h. langfristige Unternehmenspositionierung zum Ausdruck bringt, die wiederum widerspruchsfrei die zentralen Elemente der Unternehmensidentität unterstützt: Die Werte, den Purpose, die Vision und Mission des Unternehmens (sofern vorhanden, was ja nicht für jedes Unternehmen gegeben ist). Ein Claim müsste also den übergreifenden, ideellen, strategischen und nutzenorientierten Fokus eines Unternehmens möglichst kurz, einprägsam, verständlich und mit Kaufentscheidungsrelevanz zum Ausdruck bringen. Er muss für alle Produkte, Dienstleistungen, Angebote und Marken eines Unternehmens Gültigkeit besitzen und entsprechend unverändert/langlebig zum Einsatz kommen. Zugleich sollte er als formulierter Leitstrahl des Unternehmens auch den Mitarbeitern Sinnstiftung, Motivation und Orientierung geben und richtungsweisend für ihre Tätigkeiten sein. Wie zum Beispiel Apple: „Think different!“ oder Audi: „Vorsprung durch Technik!“ oder Siemens-Hausgeräte: „Wir gehören zur Familie!“. Daher sollte ein Claim auch nur wenn unbedingt erforderlich geändert werden, z.B. wenn der Purpose (z.B. durch einen Unternehmenszukauf oder -verkauf oder eine Fusion) oder das Leitbild eines Unternehmens wesentlich verändert werden.
Im Gegensatz dazu haben Slogans einen taktischen, d.h. kurzlebigeren Charakter. Sie werden oft als kommunikativer Nukleus zur Vermittlung einer Kernidee von Marketingkampagnen formuliert und eingesetzt, um das Erreichen spezifischer Vermarktungsziele zu unterstützen. Entsprechend beziehen sie sich meist nur auf Teilziele des Unternehmens und Teilbereiche des Angebotsportfolios oder aktuelle Trends und Themen. Slogans können entsprechend auch nur aktionistisch speziell für den Auftritt eines Unternehmens im Rahmen einer Messe entwickelt und eingesetzt werden und sich auf das ausgestellte Portfolio beziehen. Oder ein aktuelles Schwerpunktthema (z.B. Industrial AI) des Unternehmens/des Unternehmensbereichs zum Ausdruck bringen oder das Schwerpunktthema (Motto, Leitthema) einer Messe/Branche versuchen, unternehmensspezifisch auf das ausstellende Unternehmen zu übertragen (= Messeslogan).
Eine Tagline schließlich bezeichnet einen Textzusatz an einer Marke, wenn also ein Claim oder Slogan im direkten Umfeld des Markensignet/Unternehmenslogo angeordnet wird.
Kommen wir nach der Begriffsdifferenzierung zum entscheidenden Punkt:
Welche Wirkung haben Claims und Slogans?
Pauschal kann man das bedauerlicherweise nicht bewerten, zu sehr hängt die Wirkung insbesondere von der Qualität des Claims/Slogans (Typizität, Unverwechselbarkeit/Eigenständigkeit, Klarheit/Verständlichkeit, Einprägsamkeit, Inszenierungsprägnanz/Wahrnehmbarkeit) ab, von der Dauer der Nutzung und der medialen Penetrationskraft (was letztlich eine Frage des eingesetzten Budgets ist). In der Regel kann man aber davon ausgehen, dass Claims bzw. Slogans zumindest nicht schädlich sind, sofern sie rechtlich nicht zu beanstanden sind oder zu Verspottungen (wie seinerzeit z.B. Douglas – „Come in and find out“ oder der früher verwendete Claim der Deutschen Bahn: „Die Bahn kommt!“, würde man diesen heute noch verwenden) oder zu Shitstorms führen würden (z.B. bei sexistisch auslegbaren Formulierungen) oder sie völlig belanglos oder übertrieben unglaubwürdig wären.
Nicht zu schaden, heißt aber nicht, positiv zu wirken. Viele Claims und noch mehr Slogans kommen über Irrelevanz, Beliebigkeit, Austauschbarkeit und banalem Phrasendreschen nicht hinaus und verpuffen wirkungslos oder sind evtl. deswegen sogar kontraproduktiv. Sieht man sich eine kleine Sammlung von Claims/Messeslogans, aufgenommen auf einer eher kleinen Fachmesse, der e-World Energiemesse in Essen!), dann wird klar, dass es wohl nicht schaden würde, hätte man sie nicht.
Leider gibt jede Messe, die wir besuchen, locker eine umfangreiche Sammlung derartiger „kreativer Höchstleistungen“ her.
Hinzu kommt, dass Claims/Slogans meist nur beiläufig vom Messebesucher wahrgenommen werden und es mangels Kundenrelevanz mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht ins Bewusstsein des Menschen schaffen. Besucherbefragungen, die wir seit Jahren bei Standbesuchern für Kunden auf Messen durchführen, haben das klar gezeigt.
Zudem sind die Claims/Slogans/Taglines in der Regel auf der höchsten Standebene platziert, auf der Standblende oder auf noch höheren Standbauelementen. Sie sind damit außerhalb der normalen Blickhöhe eines laufenden Besuchers, der an einem Stand vorbeilaufend wohl eher in den Stand und nicht nach oben blickt. Wenn überhaupt, haben sie mit einer sehr hohen Platzierung vielleicht eine Fernwirkung. Doch selbst dann: wie wahrscheinlich ist es, dass Claims/Slogans wie die Beispiele von der e-World einen Besucher aus der Ferne dazu veranlassen, den betreffenden Stand zu besuchen, sofern er das nicht ohnehin in Kenntnis des Ausstellers und Interesse an dessen Messeauftritt/Leistungsangebot vor hatte…?
In diesem Sinne: Nichts grundsätzlich gegen Claims und Slogans – aber nur, wenn sie sich getestet in der Bewertung durch Zielgruppenbefragte als wirklich gut erwiesen haben!
