05.06.2025 - Können klein-/mittelständische B2B-Unternehmen (KMU) für bessere und kostengünstigere Messebeteiligungen KI nutzen?

Auch wenn die negativen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Messe- und Eventwirtschaft immer noch nachwirken und sowohl Ausstellerzahlen, Besucherzahlen und Standflächen überwiegend dem früheren Niveau hinterherhinken, so haben Fachmessen für KMU weiterhin eine sehr hohe Bedeutung für ihr Geschäft,sowohl im Hinblick auf die Pflege ihrer Bestandskunden, als auch zur Neukundengewinnung und zum Erreichen ihrer Geschäftsziele.

Mit Entwicklung der KI und zunehmender Etablierung von KI-Tools ging auch die Hoffnung einher, dass die Nutzung von KI-Tools helfen könnte, die Qualität von Messebeteiligungen zu verbessern und die Kosten zu senken. Eine generelle Aussage dazu ist aber nicht zu treffen, zu viel hängt von den verschiedenen Tools und deren Einsatzbedingungen ab.

Was Kosteneinsparungen durch Einsatz von KI betrifft, muss man zunächst sehen, dass sich die konventionellen Kosten für Messebeteiligungen (Standmiete, Material/Standbau, Dienstleistungskosten, Hotel- und Reisekosten etc.) seit Corona im Grunde verdoppelt haben und auch der Mangel an Messedienstleistern und Fachkräften hemmend wirken. Insbesondere die Kostensteigerungen sind für KMU durch Einsatz von KI-Tools im Rahmen einer Messebeteiligung nicht auszugleichen.

Seit Anfang der breiteren Einführung von KI-Programmen sind mittlerweile zig-Tausende von KI-Applikationen entwickelt worden und oft nach kurzer Zeit auch wieder vom Markt verschwunden. Viele der Tools wurden und werden weiterhin anfänglich oft auch zum Nulltarif angeboten, mit dem Ziel, eine schnellere Verbreitung zu erreichen und eine nachhaltige Marktpositionierung durch Gewinnung einer hohen Userzahl (installed base) und damit auch Datenbasis (lernende KI) zu erreichen. Mittlerweile ist die Toollandschaft im Prinzip nicht mehr überschaubar und ändert sich quasi stündlich.

Konzentrieren wir uns daher auf ein paar der populärsten Tools, wie beispielsweise Chat GPT. Dieses teils kostenlos nutzbare KI-Tool kann insbesondere bei Themen-Recherchen, informellen Analysen (Markt, Wettbewerb), der Ideengenerierung und Contenterstellung unterstützen. Allerdings ist bei der Bewertung der gelieferten Resultate Vorsicht in Bezug auf die Richtigkeit der Ergebnisse angebracht – das Tool phantasiert auch einmal, macht Fehler, korrigiert sich bei Nachfrage (aber auch nicht unbedingt korrekt… ) und erfindet – um eine Antwort zu liefern – sogar auch mal Aussagen fern jeglicher Existenz und Realität (wie z.B. Zitieren angebliche Grundsatzurteile).

KMU können KI-Tools auch im Bereich der Bild- und Videogenerierung (wie z.B. Midjourney oder Firefly) durchaus sinnvoll einsetzen und im Vergleich zu der früheren Erstellung seitens externer Dienstleister gewaltig Kosten (95% und mehr) einsparen. Diese Kostenreduzierung übt natürlich auch hohen Druck auf die Preise der betroffenen Dienstleister aus, die entsprechend ihre Konditionen senken müssen. Seitens der Dienstleister wird dabei gerne ins Feld geführt, dass die KI-Tools weniger zielkreativ seien, zu von Wettbewerbern austauschbaren Bilder führe, bestimmte Motive nicht fehlerfrei hinbekämen und die generierte Qualität der handwerklichen Profiqualität nicht gleichkäme. Das stimmt zwar im allgemeinen, die Frage ist jedoch, ob diese Defizite vom Kunden/Messebesucher wahrgenommen werden und selbst, falls ja, inwieweit dieser sich daran stört. Unserer Erfahrung nach: eher nicht! Es ist wie früher in der Fotografie. Natürlich sind Profiaufnahmen (früher mit 13×18 Platte oder Mittelformat 9×9, heute mit hochauflösenden Digitalspiegelreflexkameras) qualitativ höchstes Niveau – üblich und breit akzeptiert sind aber mittlerweile duchaus Fotos, die mit dem Mobiltelefon aufgenommen sind – bei Verwendung in digitalen Medien ohnehin seit langem…

Hilfreich im Geschäft allgemein und auf Messeständen zur Kommunikation mit ausländischen Besuchern speziell eingesetzt werden können KI-Tools zur Sprachübersetzung von Texten und von gesprochener Sprache in nahezu Echtzeit (beispielsweise Google Translate, DeepL).

Schwieriger wird es, betrachtet man komplexe KI-Business-Lösungen, wie Spark oder Copilot oder – in Bezug auf Messen — z.B. Tools zum Besuchertracking. Natürlich kann man mit solchen Tools bereits verfolgen, wer den Messestand betritt, wie lange der Besucher sich dort aufhält, wie seine Laufwege sind, wo er wie lange verweilt, was seine offensichtlichen Interessensschwerpunkte sind, ob und falls ja, mit wem vom Standpersonal er spricht, bis hin zu Informationen über seine Identität (dort, wo Besucherbatches erfasst werden dürfen). Diese Tools erfordern aber einerseits ein ganz beträchtliches Investment in Hardware und kann insbesondere bei sehr großen und unübersichtlichen Messeständen sinnvoll sein. Die Stände von KMU sind aber eher klein (20 – 80 qm) bis mittelgroß (80 – 400 qm) und auch ohne derartige KI-Unterstützung gut zu übersehen und zu beobachten bzw. ist mit den Besuchern einfach zu interagieren. Desweiteren machen solche Tools nur Sinn, wenn deren Ergebnisse hinterher analysiert werden und die gewonnenen Erkenntnisse in die Folgeaktivitäten (After-Show-Maßnahmen, Personalqualifizierung, Folgeveranstaltungen etc.) konsequent einfließen. Davon ist jedoch angesichts der von uns über Jahre festgestellten Unverändertheit der inhaltlich-kommunikativ qualitativ eher sub-optimalen Messeauftritte der meisten KMU-Messeauftritte wohl eher nicht auszugehen.

Abschließend sei noch auf zwei Aspekte hingewiesen:
1) Seien Sie vorsichtig beim Einsatz von KI-Tools in Bezug auf IT-Sicherheit und Datenschutz. Insbesondere bei öffentlich zugänglichen/nutzbaren Tools wandern Ihre eingegebenen Daten in die Datenbasis des Toolherstellers. Damit kann er dann seine KI-Applikation trainieren und verbessern (lernende KI). Dessen müssen Sie sich bewusst sein und bei vertraulichen, firmenspezifischen Themen und Informationen auf derartige Tools verzichten und lieber firmenspezifische KI-Anwendungen nutzen, auch wenn diese in der Regel (oft durchaus ordentlich) Geld kosten. Dafür haben Sie eine firmeninterne Applikation und Ihre Daten bleiben auf der Plattform Ihres Unternehmens.
2) Bei der Anwendung von KI-Tools können ethische Dilemmata und mannigfaltig rechtliche Implikationen entstehen, z.B. in Bezug auf das Urheberrecht, das Markenrecht oder das Patentrecht. Problem dabei: viele rechtliche Fragen in Verbindung mit KI sind heute im Sinne einschlägiger juristischer Beurteilung und genereller gerichtlicher Rechtsprechung noch ungeklärt und ungeregelt.


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