14.07.2025 - Wie muss ein Messestand sein, um einen erfolgreichen Messeauftritt auf einer Fachmesse bestmöglich zu fördern?

Der Messestand ist die Bühne für die Präsentation eines Unternehmens, seiner Leistungsangebote und seiner selbst in Form der Markendarbietung. Es geht dabei nicht um ästhetische Schönheit oder großspurige Eigeninszenierung als Selbstzweck (l’art pour l’art), sondern um Zweckorientierung. Anders wäre das ohnehin teure Invest eines Messeauftritts wirtschaftlich rational nicht zu rechtfertigen. Der physische Messestand muss baulich und gestalterisch so konzipiert und umgesetzt werden, dass er mit geringstmöglichem Aufwand das Erreichen der für eine Messebeteiligung kausalen Zielsetzungen bestmöglich unterstützt. Natürlich hat niemand etwas dagegen, wenn das gestalterische Ergebnis auch schön ausschaut, aber das hat nicht im Vordergrund zu stehen! Form follows function – nicht umgekehrt, auch wenn das jedem Designer nicht gefällt, was natürlich in der Natur seines Berufes liegt.
Vorausgesetzt, das ausstellungswillige Unternehmen hat sich klare, konkrete (und möglichst auch messbare Ziele definiert, was leider bei weitem nicht immer der Fall ist…!, und damit – und nur damit – überhaupt eine spätere Erfolgsbewertung seiner Messebeteiligung ermöglicht, dann sind diese Ziele maßgebend für Standkonzept, Standbau und Standgestaltung.

Der Zielerreichung ist alles unterzuordnen!

Selbstverständlich sind dabei nicht nur wirtschaftliche Ziele relevant, auch sog. „weiche“ Ziele sind absolut legitim, z.B. eine Verbesserung des Unternehmensimage, ein moderne Markenaufladung oder eine besucherwirksame Inszenierung zentraler Unternehmenswerte (z.B. Nachhaltigkeit, Innovationskraft, Kundenorientierung, etc.).

Welche Eigenschaften zeichnen über die konsistente Zweckorientierung zur Zielerreichung hinaus einen guten Messestand aus?

Im Wesentlichen sind das 9 zentrale Anforderungen:

1) Offenheit
Es gilt, Zutrittsbarrieren zu vermeiden bzw. möglichst zu minimieren, um Besuchern mit Motivation, den Messestand zu betreten, diese nicht unnötig zu dämpfen. Sichtblockaden durch Messewände oder Großexponate wirken kontraproduktiv, ein Besucher will sehen, was ihn im Stand erwartet. Und diese Inhalte sollten spannend inszeniert sein, ihn neugierig machen und möglichst bereits vom Gang aus Kundennutzen signalisieren. Auch physische Stolperfallen und fehlende Barrierefreiheit wie zu hohe umlaufende Standstufen sind nicht förderlich. Ganz zu schweigen von Standdienstpersonal, das direkt am Rand des Standes steht (oft gerne mit abweisend verschränkten Armen…), dass der Besucher jede Lust verliert, den Stand zu betreten oder befürchtet, sofort in ein Gespräch gezogen zu werden. Und natürlich sind vierseitig offene Inselstände einladender für einen Besucher, den Stand zu betreten, als zweiseitig offene Eckstände oder gar Reihenstände, die nur zum Gang hin offen sind.

2) Erkennbarkeit
Der Messebesucher möchte erkennen, wer und was ihn auf einem Messestand erwartet, ob der dargebotene Content für ihn relevant ist und den Zeitaufwand eines Standbesuchs rechtfertigt. Und deshalb sollten die wesentlichen Botschaften und Stimuli für Besucher vom Gang aus sicht- und lesbar, verständlich, nutzenorientiert und neugierig machend sein (Buzzwords wie „Neu“, „Innovation“ oder „Premiere“ sind da sehr hilfreich)! Gerade bei der häufigen Zielsetzung „Neukundengewinnung“ ist das unabdingbar. Weshalb sonst sollte ein Messebesucher, der bisher noch nichts mit dem ausstellenden Unternehmen zu tun hatte, Zeit opfern und dessen Stand betreten?

3) Übersichtlichkeit
Menschen wollen Orientierung. Gerade auch auf einem Messestand. Wo findet man was? Gerade bei großen Messeständen ist daher ein klares Orientierungssystem nach Sachgebieten oder Applikationsthemen besonders wichtig. Aber auch aus möglichst vielen Blickwinkeln gut lesbare Wand-/Exponate-Überschriften/Nutzenaussagen. Besucher sind Interesse-gesteuert! Dieses ist also zu wecken, um einen Besucher hin zu einem – aus seiner oftmals spontanen Bewertung heraus – für ihn als relevant eingestuften Content zu bringen und sein Interesse dann über den Content/die Exponateaussagen auch zu befriedigen. Übersichtlichkeit verlangt auch Fokussierung! Ein mit zig Exponaten (oft das gesamte Sortiment) und/oder Installationen vollgestellter, überladener Stand kann nicht übersichtlich sein. Weniger ist auch hier mehr! Deshalb gezielt auf die, im Sinne der Messezielsetzung, wirklich wichtigen Exponate konzentrieren, insbesondere Neuheiten und Produkte/Leistungen mit klaren Kundenvorteilen, also die, für die man kompetitiv die besten, Kaufpräferenz-schaffenden Vorteilsargumente gegenüber den Mitbewerberangeboten hat.

4) Klare Hierarche der Botschaften
Ganz nach oben gehört, schon wegen der Signal-/Fernwirkung, die Marke, das Unternehmenslogo. Darunter – so vorhanden – ein Unternehmensclaim oder ein Messemotto (gut wäre ein nichttrivialer mit unternehmensspezifischem Bedeutungsinhalt ohne generische Austauschbarkeit, was schwierig ist, sonst wären nicht 95% der Sprüche absolut banal und kommunikativ undifferenzierend und kraftlos und würden besser unterbleiben). Nächste Ebene dann thematische Bereichskennzeichnungen, darunter dann die Heads der Exponatetafeln und darunter dann die Detailbotschaften zu den Exponaten. Also von oben nach unten und von Unternehmensebene zu Produkt- bzw. Leistungsebene, von Makro zu Mikro.

5) Lage und Größe
Je besser ein Messestand an den Hauptgängen/Besucherströmen in einer Messehalle platziert ist, desto höher ist natürlich die Dichte der den Stand passierenden Messebesucher und somit das Potenzial, Standbesucher zu gewinnen. Die drei erstgenannten Eigenschaften sind dann besonders wichtig. Und die Größe des Messestandes sollte der Bedeutung/Marktstellung und der marktpolitischen Zielsetzung des ausstellenden Unternehmens angemessen sein. Ein Unternehmen, welches den Anspruch eines Branchenführers erhebt, darf nicht mit einem Miniaturstand auftreten, der Bedeutungslosigkeit symbolisiert. Ist die Messe nicht signifikant genug, um eine adäquate Messebeteiligung zu finanzieren, sollte man lieber ganz auf eine Standbeteiligung verzichten oder lieber andere, imageverträglichere Maßnahmen im Rahmen der Messeveranstaltung ergreifen, wie z.B. Sponsoring, Medienpartnerschaften oder Kundenveranstaltungen.

6) Signalwirkung
Das Besucherverhalten ist auch markenabhängig, bzw. abhängig von der Bekanntheit eines Unternehmens. Das beginnt bereits vor einer Messe bei der Besuchsplanung eines Besuchers meist über die Website des Messeveranstalters, wo man sich à priori informiert, welche der Marken/Unternehmen, von denen man Kunde ist oder für die man sich interessiert, auf der Messe sind und wo deren Stand zu finden ist. Natürlich kann man nur diejenigen suchen, die man bereits kennt. Unbekannte Aussteller können auf der Website höchstens durch Zufall, Werbung oder auffällige Einträge Interesse wecken und es auf die Besuchsliste schaffen. Alle anderen haben nur noch die Chance auf der Messe das Interesse eines Messebesuchers an einem Standbesuch zu wecken. Wichtig dafür sind dann insbesondere die Standlage in Verbindung mit den bereits beschriebenen Eigenschaften, insbesondere der Erkennbarkeit, Verständlichkeit und Kundennutzenorientierung des Contents. Eine hohe Position der Marke/des Unternehmenslogos ist zudem wichtig für eine aus der Distanz erkennbare Lage des Standes (Fernwirkung, s. Punkt 4) und erleichtert das Auffinden des Standes für Besucher mit geplanter Besuchsabsicht.

7) Adäquanz im Erscheinungsbild
Die meisten Unternehmen besitzen ein mehr oder weniger detailreich definiertes Erscheinungsbild. Natürlich ist es obligat, dass auch der Messestand dieses Erscheinungsbild transportiert und stützt. Insbesondere ist das bei bereits geprägten Erscheinungsbildern von Unternehmen bzw. Marken von Bedeutung, denn bereits das (bekannte) Erscheinungsbild assoziiert Vertrautheit und – sofern positiv besetzt und angebotsrelevant – steigert die Besuchsneigung – da man glaubt, zu wissen, was einen erwartet!
Aber auch sonst – das Erscheinungsbild des ausstellenden Unternehmens ist immer imagewirksam – positiv wie negativ! Schon deshalb hat auch ein Messestand eine gestalterische Mindestqualität aufzuweisen, die ein adäquates Erscheinungsbild des Unternehmens im Sinne seiner Werte und Zielsetzungen im Wettbewerb garantiert und transportiert.

8) Funktionsflächen
Abhängig von Ausstellerzielsetzung und angestrebter Dialogintensität mit Standbesuchern sollte der Messestand über geeignete Funktionsflächen verfügen. Als erste Anlaufstation für Besucher sollte eine Infotheke (die stets besetzt zu sein hat!) in unmittelbarer Gangnähe, für Anbahnungsgespräche und zur Kundenpflege genügt i.d.R. eine offene Besprechungszone bzw. Bewirtungszone, für Tiefengespräche, vertrauliche Themen und Verhandlungen sollten einzelne, möglichst schallisolierte Besprechungsräume vorgesehen sein. Bei angebotener Bewirtung braucht es natürlich eine angemessen große und gerätetechnisch ausgerüstete Küche/Getränkebar, abgerundet dann mit einem zumindest optisch vom Besucher nicht einsehbaren Lager-/Personalraum für Standmaterial, Getränke, kleiner Garderobe, evtl. Telefon/Fax/PC.

9) Adäquate Standbauqualität
Gewiss, Standbau braucht nicht immer Millimeterarbeit, aber vom Besucher erkennbare Minderqualität bei Materialien und handwerklicher Ausführung fällt auf den Aussteller zurück. Wer Qualität bei seinen Produkten/Leistungsangeboten für sich reklamiert, muss beim Messestand selbst qualitativ auch mit entsprechender Güte auftreten. Da passt es einfach nicht, dass sich aufgeklebte Texte ablösen und schepps an der Tafel hängen, dass der Teppich Wellen wirft, Exponateträger Abplatzungen von den letzten 5 Einsätzen auf Messen aufweisen, Monitore und PC-Applikationen nicht funktionieren, Überschriften Rechtschreibfehler haben, die Beleuchtung nicht ausreicht, Kabel als Stolperfallen verlegt sind oder erkennbar billigste Materialien verwendet wurden, bis hin zu selbst ausgedruckten Postern an der Wand u.m.m.. Selbstredend muss hinreichende Qualität dann im Standbetrieb auch vom Standdienst erbracht werden, aber das ist ein anderes Thema für einen nächsten Beitrag.

 


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